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Der folgende Artikel ist eine Vorab-Version zum Thema Equaliser, aus dem Bestseller-eBook YOUR MIX SUCKS, das nun auch in deutscher Sprache erschienen ist.
In diesem Artikel stelle ich die beliebtesten klassischen Equalizer-Typen vor, sowie Beispielen für sinnvolle und typische Anwendungen. Fast alle Hardware- und Plugin-EQs auf dem Markt sind auf diese Grundtypen zurückzuführen, und sowohl die original Hersteller als auch jede Menge Klone sind alle mit diversen Variationen am Start, neben den Plugins sind insbesondere die originalen analogen Schaltungen im 500er Format sehr populär geworden.
Bevor wir zu den verschiedenen EQ-Typen und Ihren Einsatzgebieten kommen, ist es wichtig zu wissen, daß keiner davon alle Anwendungsbereiche abdeckt, sodass wir bei den meisten Mixen eine Kombination verschiedener EQs einsetzen.
Wer mit den verschiedenen Klassifizierungen, die ich im Folgenden vorstelle, bisher noch nichts anfangen kann, sollte sich etwas Zeit nehmen, die Möglichkeiten dieser EQs an verschiedenen Klangquellen auszuprobieren. Ich werde zwar einige Beispiele liefern, aber im Endeffekt geht es darum, ein Gefühl dafür zu bekommen, welcher EQ in der spezifischen Situation am Besten funktioniert.
In den meisten meiner DAW-Kanäle kommen alle diese EQs gleichzeitig zum Einsatz, jeder für eine spezifische Aufgabe.
EQing ist nicht kompliziert – wenn man es zunächst mal auf die Balance von hohen und tiefen Tönen beschränkt.
Mischt man z.B. ein Piano oder eine Gitarre, kann man sich zunächst auf den oberen Bereich der Frequenzen konzentrieren (zum dem auch die Geräuschanteile wie die Hämmerchen beim Piano, oder die Zupfgeräusche bei der Gitarre gehören) und den Pegel so einstellen, daß diese Frequenzen gut “im Mix sitzen” – und dann im nächsten Schritt einen breitbandigen EQ zwischen 200 – 400 Hz verwenden, um die tiefen Töne entsprechend anzupassen.
EQ Klassiker
“PULTEC” EQs
Mit Sicherheit der EQ-Typ, den ich in meinen Mixen am häufigsten einsetze. Pultecs sind extrem unauffällig und gleichzeitig effektiv. Die Hardware-Originale sind mit Röhren bestückt und man unterscheidet sie in zwei Haupttypen:
1. der EQP-1 „Program Equalizer“ kann gleichzeitig Bässe anheben und absenken (in Schritten von 20 bis 100Hz), und hat ähnliche Regler, sowie einen Bandweite-Regler nochmal für die Höhen (schaltbare Anhebung bei 3, 4, 5, 8, 10, 12, 16kHz, Absenkung bei 5, 10, 20kHz).
2. der MEQ-1 „Midrange Equalizer“ ist für einen weiten Bereich von Mitten ausgelegt – es gibt eine Anhebung (hier „Peak“ genannt) für eine schaltbare untere Mittenfrequenz (200, 300, 500, 700, 1000Hz), einen sogenannten „DIP“ (Absenkung) den man zwischen 200, 300, 500, 700Hz, 1, 1.5, 2, 3, 4, 5 und 7kHz umschalten kann, sowie eine weitere Anhebung für hohe Mitten (schaltbar zwischen 1.5, 2, 3, 4, 5kHz).
Pultecs haben einen sehr natürlichen Sound – sie klingen bei keiner Einstellung synthetisch oder überzeichnet. Selbst wenn man Frequenzen maximal anhebt, hat die Anhebung noch einen sanften und natürlichen Charakter.
Der Grund dafür sind die weiten und verhältnismäßig Flachen EQ-Kurven: selbst wenn man Frequenzen unter 100Hz anhebt, reicht die Anhebung bis über 700Hz.
Pultecs haben einen sehr eigenen Charakter, aber selbst wer keinen besitzt, kann versuchen, der Charakteristik nahe zu kommen – einfach mal weiter ausgelegte EQ-Kurven (kleinerer Q-Factor) ausprobieren, das funktioniert mit fast jedem parametrischen EQ.
Der EQ-Part der internen Schaltungen ist bei den Pultecs mit passiven elektronischen Teilen ausgelegt, durch die der Pegel niedriger wird, und ein mit Röhren aufgebauter zweistufiger „Line“-Verstärker holt diesen Pegelverlust wieder rein.
Es gibt eine ganze Reihe bekannter Variationen von etablierten Herstellern, und eine fast endlose Anzahl von Plugin-Versionen. Die Krönung der Pultecs sind natürlich die raren Originale, sowie die vor kurzem wieder aufgenommene Produktion unter dem Originalnamen „Pultec Pulse Techniques“, die nachweisbar ausschliesslich Komponenten nach Original-Spezifikationen verwendet. Diese sind klanglich, aber auch preislich in ihrer eigenen Klasse.
Plugins haben natürlich den Vorteil, daß man sie beliebig oft im Mix einsetzen kann, und tatsächlich, Pultecs sind auf allen Klangquellen einsetzbar und bleiben in Ihrer Wirkung stets subtil. Übrigens: selbst ohne EQ-Anhebung oder Absenkung bekommt man von den Pultecs einen angenehmen Röhreneffekt, von dem fast jedes Signal profitiert.
Die wiederaufgelegten Originale von Pulse Techniques sind in verschiedenen Varianten erhältlich – als klassische Pultecs mit Röhrenverstärkung, optional mit speziellen Mastering-Features, sowie mit „API 2520“ Makeup Gain Stage (statt Röhre).
KLASSISCHE MISCHPULT-EQs (SSL, NEVE, API)
In dieser Kategorie fassen wir die EQs der meist verbreiteten großen „large format“ Mischpulte von 1970 bis heute zusammen. Glücklicherweise muss man heute kein SSL-, Neve- oder API-Mischpult besitzen, um einen dieser EQs zu besitzen. Die genannten Originalhersteller bieten die EQs heute im populären 500er-Serie Format an (das eine API-Erfindung ist), aber auch in anderen Formaten, wie z.B. dem SSL „X-Rack“.
Die EQs von großen Mischpulten sind allesamt sehr flexibel und können auf fast allen Arten von Signalen verwendet werden. In der Regel bestehen sie aus einem „Shelf“-EQ für die Bässe und Höhen, sowie 1-2 vollparametrischen EQs für die Mitten – vollparametrisch bedeutet, daß es einen „Q-Faktor“-Regler gibt der die Breite der Anhebung oder Absenkung stufenlos regeln kann. Oft reichen die Frequenzen der Mitten-EQs genau so weit wie die für Bässe und Höhen.
Heutzutage kennen und benutzen die meisten Musiker diese EQs in Form von Plugins, viele davon wurden sogar in enger Zusammenarbeit mit den Herstellern, sprich SSL, Neve oder API, gemeinsam entwickelt.
Ohne verallgemeinern zu wollen… da wie bereits besprochen die Pultecs bei sanften Eingriffen deutlich im Vorteil sind, kommen diese EQs zum Einsatz, wenn wir einen Sound schmalbandig und aggressiv anheben wollen als es mit den Pultecs machbar ist.
LINEAR PHASE EQs
Linear Phase sind digitale Equalizer, die es zunächst als superteuere digitale Outboard-Geräte für Mastering-Anwendungen gab, sodass viele Mastering-Engineers mit der Linear Phase Technologie bestens vertraut sind.
Wie alles Digitale, was mal sehr teuer war, hat auch diese Technik in Form von Plugins Einzug in unsere modernen DAWs erhalten, und Logic Pro X z.B wird mit einem exzellenten Linear Phase EQ ausgeliefert.
Im Web findet man massenhaft technische Artikel zu Linear Phase EQs – die meisten davon sind für die Mix-Praxis nicht hilfreich. Alle Linear Phase EQs erzeugen eine erhebliche und spürbare Latenz, die zwar durch die DAW-Software ausgeglichen werden kann, aber dennoch für Live-Anwendungen zu groß ist. Bei Mix-Anwendungen ist das natürlich kein Thema. Wichtig ist, daß der Latenzausgleich der DAW für alle Arten von Audiospuren und Mixer-Channels eingeschaltet ist.
Der technische Hintergrund für die erhöhte Latenz ist, daß statt dem bei traditionellen EQs auftretenden „post ringing“ bei Linear Phase EQs ein „pre ringing“ stattfindet, und dafür allerdings die Phasenlage stabil bleibt.
Die stabile Phaselage sorgt dafür, daß diese EQs sehr neutral klingen – sie erzeugen keine Obertöne und Resonanzen, sie wirken tatsächlich nur auf dem ausgewählten Frequenzband, und können für Frequenzen anheben wie absenken, sowohl breitbandig als auch extrem schmalbandig.
FILTER
Die verschiedenen Filter-Typen erspare ich mir hier – Filter kommen meistens “im Paket” mit EQs, Ausnahme ist der Pultec.
Filter verwendet man, um Frequenzen unterhalb (HPF) oder oberhalb (Tief Pass Filter = tiefe Frequenzen dürfen “passieren”) einer einstellbaren Frequenz zu entfernen.
(HPF = Hoch Pass Filter = hohe Frequenzen werden “durchgelassen”)
(LPF = Low Pass Filter = Tief Pass Filter = tiefe Frequenzen dürfen “passieren”)
Die bekannteste Anwendung für einen HPF ist die Entfernung von Trittschallgeräuschen bei Gesangsaufnahmen, in der Regel unterhalb von 60 – 120 Hz.
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Soviel zum Thema EQs. Ich habe einen ähnlichen Artikel zum Thema Kompression geschrieben, und wem dieser Artikel gefallen hat, der sollte mal ins Inhaltsverzeichnis des Bestsellers YOUR MIX SUCKS reinschauen. Das eBook ist nun auch in deutscher Sprache erhältlich.